Der Tod eines geliebten Lebensbegleiters ist ein Kapitel, das die meisten von uns Katzenliebhabern leider schon durchleben mussten. Und es ist jedes Mal schrecklich. Häufig werden wir vor Kummer selbst krank. Jede unserer Katzen ging anders, ist unvergessen und hat einen festen Platz in unseren Herzen. Aber wie unser allererster Kater seinen Todeszeitpunkt selbst bestimmte, war schon ergreifend.

Micky, unser unvergessener Lebenskater

Die Beziehung zu unserem ersten Siamkater war außergewöhnlich eng und einmalig. Von allen Katzen, die wir hatten, war uns keine so nah und gleichzeitig so fremd. Micky zeigte einerseits menschliche Verhaltensweisen, andererseits schlummerte in ihm die Wildheit der Ur-Katze, die immer wieder aus ihm herausbrach. Ich glaube sogar, dass er uns für seinesgleichen hielt. Wir bekamen ihn, als er 9 Monate alt war. Er war so sehr auf uns fixiert, dass er keine anderen Katzen neben sich duldete. Auch nicht im Garten. Im Freien konnte er zur wilden Bestie werden und brachte uns an einem Abend einmal 3 Feldhasen. Er war der uneingeschränkte Herrscher von Garten und angrenzenden Feldern. Fremde Tiere schlichen höchstens am Rande vorbei, denn drangen sie ein, wurden sie unweigerlich attackiert. Seine Verletzungen, die er sich dabei zuzog, füllten mehrere Karteikarten des Tierarztes. Aber so wild er sich draußen auch gebärdete, so unglaublich zärtlich war er im Haus. Sein Bedürfnis nach Nähe war unermesslich. Am liebsten wäre er in mich hineingekrochen. Wenn ich krank war, interessierte ihn der Garten nicht. Er blieb auf mir im Bett liegen. Und wenn wir einmal ein paar Tage wegfahren mussten, wollte er nichts mehr fressen, sodass wir anfingen, mit ihm zu telefonieren und ihm gut zuzureden. Im Haus begleitete er mich auf Schritt und Tritt. Mit der Zeit entwickelte er regelrecht telepathische Fähigkeiten. So wusste er, wenn wir auf dem Sofa saßen, schon im Voraus, wohin ich als Nächstes gehen würde. Immer wieder testete ich ihn, weil ich es einfach nicht glauben konnte. So dachte ich mir z. B. : “Jetzt gehe ich gleich ins Bad.” Der Gedanke war kaum vollendet, da stand Micky auf und begab sich dorthin, wo er auf mich wartete. Unvorstellbar. Die vielen Abenteuer, die wir mit ihm erlebten, würden ein Buch füllen.

Ein Baby kommt

Während meiner Schwangerschaft lag er, so oft es ging, auf meinem Bauch. Ich vermute, dass er mit unserem Sohn bereits lange vor der Geburt kommuniziert hat. Denn als dieser da war, schien es, als kannten sich beide schon lange. Der Kater war nicht einen Moment eifersüchtig. Er liebte unseren Sohn vom ersten Moment an und wich auch ihm nicht von der Seite, selbst wenn mal ein Bauklötzchen geflogen kam. Sobald er auf dem Boden saß, war Micky daneben. Auch wenn später andere Kinder zum Spielen da waren, setzte sich der Kater mitten ins Getümmel und ließ sich durch nichts vertreiben.

Als unser Sohn älter war, hatte er die Marotte, sich längelang auf den Teppich zu legen. Das Geräusch des Hinfläzens lockte Micky von überall her. Und immer folgte dann das gleiche Ritual: Micky umkreiste mehrmals den Kopf, schnupperte an den Haaren und legte sich dann Kopf an Kopf neben seinen Spielkameraden.

Das letzte Lebensjahr

Als unser Sohn 17 Jahre alt war, hatte Micky das stolze Alter von 20 Jahren erreicht. Seine inzwischen arthrotischen Gelenke machten ihm zeitweise sehr zu schaffen. Er liebte es jetzt, wenn ich ihn im Garten spazieren trug. Einmal am Tag stellte er sich an den Rand der Terrasse und stieß furchterregende Laute aus – wie ein verwundeter Elefant in der Savanne, als ob er allen Feinden im Garten sagen wollte: Ich bin noch da, wagt es ja nicht, mein Revier zu betreten. Aber er hatte trotzdem noch gute Phasen. In dieser Zeit machte unser Sohn ein Austauschjahr in Asien. Ich merkte, wie der Kater unter der Trennung litt und vielleicht spürte er auch, wie schlecht es mir oft ging. Manchmal meinte ich scherzhaft: “Du wirst doch nicht noch in die ewigen Jagdgründe gehen, solange dein Freund weg ist”, ohne zu ahnen, dass er sein Ende tatsächlich schon geplant hatte. Gegenseitig trösteten wir uns. Ich erzählte ihm jeden Tag von der baldigen Rückkehr unseres Sohnes, auch um mich selbst zu beruhigen. Dabei vermutete ich, dass Micky in anderen Sphären schon lange eng mit ihm verbunden war.

Das Ende

Als unser Sohn dann endlich nach einem Jahr zurückkehrte, erstaunte uns Micky dennoch mit seinem Elefantengedächtnis: Unser Sohn betrat das Haus, ging ins Wohnzimmer und legte sich zum Test auf den Teppich. Als ob kein Tag seit dem Abschied vergangen gewesen wäre, stürmte Micky herbei und folgte dem gleichen Ritual wie all die Jahre davor: Er umkreiste den Kopf seines Freundes, schnupperte an seinen Haaren und legte sich Kopf an Kopf neben ihn.

Genau 10 Tage gab sich der Kater für das Wiedersehen. Dann stellte er das Fressen ein. Einige Tage danach auch noch das Trinken. Er hatte gewartet, bis sein Freund zurück war. Ohne sich von ihm verabschiedet zu haben, wollte er wohl nicht gehen. Zum Sterben zog er sich nicht zurück, wie man es ja erwartet hätte. Er blieb auf seinem liebsten Platz im Wohnzimmer bis zum Ende, bei uns.

Niemals werden wir dich vergessen!!

 

Hier der Link zu meinem Artikel, der zeigt, wie Katzen bei Tod ihres Partners leiden können:

Die Katze, die weinte

Hier die Geschichte, wie es mit Micky anfing:

Wie meine Liebe zu Katzen begann

Da es zu Mickys Zeiten noch keine digitale Fotografie gab und sich die Papierbilder für Blogfotos nicht eignen, zeigt das Beitragsfoto nicht Micky. Aber genauso sah er als junger Kater aus.

cute blue-eyed siamese cat in box