Es gibt Geschichten, die sind so unglaublich, dass jeder denkt, sie seien erfunden, außer man hat sie selbst erlebt. Und so eine hat sich kürzlich bei uns zugetragen. Der Elektriker war da und mit unseren cleveren Katzen allein, weil ich kurz das Haus verlassen musste. Als ich zurückkam, sah unser Wohnbereich aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte: Die Scherben der neuen Stehlampe lagen überall im Wohnzimmer verstreut, das Parkett stand mehrere Quadratmeter unter Wasser und die Regale des Abstellraums waren leer.
Was war die Vorgeschichte?
Ein Elektriker sollte nur eine neue Steckdose hinter dem Sofa setzen und dabei eine Leitung verlegen. Keine schwierige Sache. Ich zeigte ihm die Stelle, während unsere beiden neugierigen Schnurrer in nächster Nähe jede Bewegung des Handwerkers beobachteten und sämtliche Werkzeuge beschnupperten. Dann ein Telefonanruf: Meine Freundin hatte einen Migräneanfall und keine Medikamente mehr. Der Weg zur Apotheke und zu ihr würde höchstens 20 Minuten dauern. Handwerker sollten eigentlich immer unter Beobachtung sein, sagt man. Aber so lange konnte man den Mann ja wohl alleine lassen. Vorsichtshalber schloss ich unsere beiden Mäuse im Schlafbereich ein, sicher war sicher. Den Schlüssel ließ ich allerdings stecken, gab aber die Anweisung, die Katzen auf keinen Fall herauszulassen.
Meine Rückkehr
Nach höchstens 25 Minuten war ich wieder zurück. Als ich den Schlüssel in die Haustür steckte, hatte ich den Eindruck, im rechten Augenwinkel zwei kleine Katzenköpfchen im Gebüsch neben dem Treppenaufgang zu sehen. “Jetzt bist du aber wirklich bald reif für die Klapsmühle, siehst schon deine Katzen vor dem Haus”, schoss es mir durch den Kopf. Da wir ja reine Wohnungskatzen haben, die nur an der Leine im Garten sind, war das absolut unmöglich. Ich schloss die Tür auf, ging nochmal einen Schritt zurück und …… Die Köpfe waren keine Halluzination. Das Gute: Mein Gehirn funktionierte noch, wenigstens etwas. Aber warum hatte der Mann die Katzen bloß ins Freie gelassen? Nach kurzem Locken sprangen beide zum Glück fröhlich herbei und wir betraten den Wohnbereich. Das heißt, wir wollten ihn betreten.
Ein Wohnzimmer wie ein Schlachtfeld
Die Glastür, die Flur und Wohnzimmer trennt, ging nicht auf, weil sie von sämtlichen Gegenständen meines Abstellraumes, der vom Wohnzimmer aus zugänglich ist, blockiert war. Da befanden sich Eimer und Lappen, Weihnachtsschmuck, Müllbeutel, Blumendünger, aber auch Putzmittel. Alles für Katzen ungeeignete Dinge. Durch die Tür sah ich, wie quer auf dem Boden unsere Stehlampe, oder was von ihr übrig geblieben war, lag. Als ich dann endlich die Tür offen hatte und den Raum betreten konnte, fand ich den Handwerker – einem Nervenzusammenbruch nahe – in einer riesigen Pfütze auf dem Boden knien. Er versuchte krampfhaft, Wasser mit Handtüchern vom Parkett aufzunehmen.
Was war passiert?
Das Folgende hat mir der Elektriker so geschildert und dabei betont, dass er sich mit Katzen nicht so gut auskennt, sie aber durchaus mag: Gleich als ich also weg war, hörte er das uns wohlbekannte, herzzerreißende Klagelied, das Sari im Schlafzimmer angestimmt hatte. Er, nichts ahnend, schloss die Tür auf, um nachzusehen, ob vielleicht jemand in Gefahr war. Das hätte er am besten sein lassen. Denn die zwei ausgebufften Wildfänge hatten auf diesen Moment nur gewartet. Wie kleine Raketen schossen sie ihm zwischen den Beinen hindurch in Richtung Wohnzimmer. Im Bewusstsein, dass er einen Fehler gemacht hatte, versuchte er die beiden nun einzufangen. Dieses Spiel war wohl so richtig nach deren Geschmack. Bei der Aktion kam Rousseau allerdings auf den Rand der großen Wasserschüssel, die auf der Marmorplatte über der Heizung stand. Da am Abend zuvor der Springbrunnen kaputt gegangen war, hatte ich sie dort hingestellt. Sie fiel in hohem Bogen um, sodass sich das Wasser in etwa drei Quadratmetern auf dem Parkett verteilte. Wie von der Tarantel gestochen stoben die beiden davon, blieben dabei im Kabel der Stehlampe hängen, die umkippte und in tausend Scherben zersprang. Der verzweifelte Mann suchte jetzt nach Lappen, Schaufel und Besen und öffnete dabei auch den Abstellraum.
Und es hört nicht auf
Das Öffnen dieses Raumes muss die beiden – trotz des Schrecks – in helle Freude versetzt haben. Hier durften sie normalerweise nicht hinein, schon zu ihrem eigenen Schutz. Frauchen war nicht da. Jetzt konnte man mal so richtig auskundschaften, was es mit diesem Raum auf sich hatte. Also kletterten sie von Regal zu Regal und warfen dabei alles Mögliche auf den Boden, während sich der Handwerker abmühte, die Scherben zusammenzukehren und das Wasser zu trocknen. Zwischenzeitlich muss jemand an der Haustür geläutet haben. Wahrscheinlich der Postbote. Der Elektriker hatte keinen Nerv aufzumachen, denn das Parkett musste trocken sein, bevor ich zurückkam. Für die Katzen war aber die Klingel das Zeichen für Besuch und neue Abwechslung. Also stürmten sie zur Tür. Ich hatte die Haustür nicht abgeschlossen, da ich ja die Katzen eingeschlossen wähnte. Sari sprang auf die Klinke, wie sie es geschätzte 50-mal am Tag macht, und offen war sie. Anschließend müssen sie in Gemeinschaftsarbeit die Tür aufgestemmt haben, wie wir es selbst schon häufig gesehen haben. Und dann waren sie draußen……
Das Ende
Nachdem der Handwerker und ich das Chaos einigermaßen beseitigt hatten, lud ich ihn zu einer Tasse Kaffee ein. Er wollte aus seiner Tasche, die er offen hinter den Esstisch gestellt hatte, sein Brötchen und ein Stück Wurst nehmen. Da hatte er leider die Rechnung ohne Rousseau gemacht. Denn während wir am Anfang über die Verlegung des Kabels gesprochen hatten, muss sich Rousseau die Wurst geschnappt und mit Haut verzehrt haben.
Apropos die Haut. Sie kam am anderen Morgen im Bad zurück, während mein Mann duschte. Was das Parkett betrifft, so hatte es sich über Nacht gehoben, sodass wir jetzt einen größeren Schaden haben und diesen zum Anlass nehmen, den gesamten Boden auszutauschen. Er hatte es im Übrigen schon vorher dringend nötig.
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